Bau-Auslese Manuel Pestalozzi


Bau-Auslese Manuel Pestalozzi - Texte und Artikel über Architektur und das Bauwesen

————Stationen————

Wattwilerhöfe

Wattwil, Oberweningen, Ostersonntag 2011

Vor genau dreissig Jahren verbrachte ich etwas mehr als zwei Monate auf diesem abgeschiedenen Bauernhof im Zürcher Unterland. Ich überbrückte die Zeit zwischen Lehrabschluss und Rekrutenschule - mit dem Gedanken, mich dereinst ernsthaft etwas Landwirtschaftlichem hinzugeben. Daraus wurde dann nichts. Obwohl der damalige Pächter schon lange nicht mehr hier wirkt, sieht es immer noch ganz genau gleich aus wie damals.



Moschee in Pécs

Pécs, Juni 1985, Kleines Minarett

Eine kurze Zeit beherrschten die Türken diese Stadt in Südungarn. Die Moschee am Hauptplatz ist eine Kirche, ihre Minarette sind verschwunden. Diese kleine Moschee musste man mit dem Reiseführer in der Hand suchen. Das Minarett ist (war 1985, in der kommunistischen Volksrepublik) noch da, versunken im Häusermeer. Ich fand es adrett.



Totenköpfe in Sulawesi

Sulawesi, Dezember 1989: Neben Totenschädeln

Mit grosser Selbstsicherheit führten uns die Torajas unter enger Beobachtung zu ihren Begräbnisstätten. Dort lagen auch zahlreiche Totenschädel ziemlich lose in kleinen Höhlen. Der Ahnenkult wird noch intensiv gepflegt. Der herumstolpernde Tourist aus „dem Westen“ merkt, wie er an die Grenzen des Verständnisses stösst und nur noch registrieren kann, ohne zu werten. Eine wichtige Lektion. Die Foto ist von Doris Wälchli Giraud.



Knauf an Haustür

Knauf

Diesen Knauf kenne ich schon fast ein halbes Jahrhundert. Früher verrichtete er eine Funktion: Wenn man ihn drehte, zog er innen an einer Kette den Türriegel auf. Die Kette konnte man abhängen, dann ging nichts mehr ohne Schlüssel. Heute ist die Kette weg, das Schloss neu und der Knauf nur noch Zierde. Aber ich liebe diesen Knauf. Alle lieben diesen Knauf! Er ist wohl hundert Jahre alt, wie das Haus selbst auch. Und vom vielen Anfassen schon ganz glatt.



Bahnhof Schwerzenbach

Bahnhof Schwerzenbach

Kindheitserinnerungen. Routine-Spaziergänge mit dem Grossvater. Ein Schienenstrang, so schnurgerade, wie man ihn in der Schweiz selten findet. Hier filmte man eine Szene von Marie-Louise. Und am Horizont, wie in einem Western, der einsame (alte) Bahnhof Schwerzenbach. Es wartete ein stets blanker, glänzender Chromstahlautomat. Ich erhielt eine Münze, warf sie ein, durfte eine Schublade ziehen - ein herrliches Geräusch! - und das Schokoladestück entnehmen. Heute ist alles anders.


Renault in der Pampa

In der Pampa

Winter-Wochenendausflug im Renault doce, Juli 1988. Die grosse Leere hinter der 12 Millionenmetropole Buenos Aires. Ein gewaltiges Himmelsgewölbe, und unter den Füssen den feinsten Dreck des Erdballs. Das ist keine Steppe, sondern wertvollstes Weideland. Das Zauberwort heisst Alfalfa. Und die Ruhe ist so intensiv, dass man es fast unheimlich findet.



Schloss Kefikon

Kefikon

Ein richtiges Schloss. Ich lebte darin zwei Jahre. Eines davon im Escher-Zimmer, im Turm. Man nennt es so, weil einmal der Erbauer des Linth-Kanals dort genächtigt haben soll. An den Wänden hingen "Gobelins" (in Wahrheit kunstvoll bemaltes Sacktuch, hinter welches die Frecheren ihre Schokoladepapierchen stopften). Liegt genau auf der Grenze zwischen Zürich und Thurgau und ist mit dem Velo ab Zürich gerade noch bequem erreichbar. Die benachbarte Schweinemästerei scheint ihren Betrieb eingestellt zu haben. Kurios, wie intensiv sich eine Geruchsimmission ins Gedächtnis eingraben kann.



Velo am Zugersee

Velofahren

Auch so eine Leidenschaft von mir. Normalerweise reichen diese Mikro-Reisen nur bis an die Grenzen der Grossagglomeration Zürich. Im Frühsommer 2009 packte es mich aber: In zehn Tagen pedalte ich an die ligurische Riviera und retour – ein grossartiges Erlebnis und in jeder Hinsicht ein Erfolg. Das Radlertempo ist optimal, um die Umgebung mit allen Sinnen zu erfassen und dennoch das Gefühl zu haben, vom Fleck zu kommen. Solange es nicht aus Kübeln giesst oder der Plattfuss eines der beiden Rädern ereilt das reinste Hochgefühl.